Vor zwei Wochen bekam ich die Anfrage, mir eine alte Violine mal anzusehen.Da müssten mal die Stimmwirbel gangbar gemacht werden, weil Diese ständig sich selbständig verstellen. Da die alten Saiten defekt waren und nur noch zwei Stück drauf waren, sollte auch ein neuer Satz Saiten aufgezogen werden. Aber es sollte auch keinerlei Ausbesserung oder Überlackierung erfolgen! Bei sehr alten wertvollen Instrumenten kommt eine komplette Restaurierung meist mit einem großen Wertverlust einher. Darum eben so wenig wie möglich verändern an der Patina. Wie der Kundenwusch ist.

 

 

 

Ich bin ja eigentlich nur ein versierter Hobby E – Gitarrenbauer. Aber anscheinend durch Weitersagen meiner guten Arbeit an einer Mandoline eines anderen Bekannten vor zwei Jahren, kam ich jetzt zu diesem Auftrag.

 

 

 

Zuerst begutachtete ich die Violine genau auf Zustand, Grad der Verschmutzung, vorhandene Beschädigungen und dokumentierte Alles. Leider war eine Bestimmung des damaligen Herstellers nicht möglich. Weder in den F – Löchern, noch sonst war ein Hinweis auf den Hersteller gegeben. Einzig, vom Kunden erfuhr ich, daß die Violine über 100 Jahre und vom Großvater stammen soll. Wo Dieser die Violine her hatte ,ist nicht bekannt.

 

 

 

Ich machte mich über Websites von Geigenbaumeistern kundig, was bei Instandsetzung, Pflege und Saiten aufziehen einer Violine zu beachten ist.

 

 

 

Ist Zustand vorher: 4/4 Violine, über 100 Jahre alt, mit vielen Gebrauchsspuren von leichten bis mittleren Kratzern, starke Verschmutzungen an gesamten Korpus, teils durch Reaktionen von Colophonium mit Lack angegriffene Stellen, Griffbrett stark verschmutzt , leichte Rillen durch ziehen der Saiten, Wirbelgehäuße stark verschmutzt, Wirbelteils festgeklebt und teils leicht drehbar, zwei Saiten fehlten, 2 Saiten in stark abgenutzten Zustand waren vorhanden, Feinstimmer sowie Saitenhalter o.k., ein Wirbel hatte nicht bis Anschlag Platz im Wirbelkasten und müsste mal beim Geigenbauer nachgeschnitten werden. Aber er hält.

 

 

 

Ein neuer Satz Saiten wurde nach Absprache mit Kunden bestellt.

Verwendete Saiten : NÜRNBERGER KÜNSTLER Satz Saiten für Violine / Geige

 

Firma Karl Weidler, Euro 27, 40

 

 

 

 

 

 

Welches Reinigungsmittel:

 

 

 

Da der Korpus viele Kratzer und Lackbeschädigungen durch Colophoniumstaub aufweist,und jeder Baumeister andere Lacke bzw. Lackkombinationen verwendet hat, kommen die herkömmlichen Mittel daher nicht in Frage. Fündig wurde ich bei einem Geigenbaumeister aus Lübeck, der in seinen Geigenladen auch Zubehör verkauft. Erst war ich skeptisch, bestellte aber das Miracle Tuch doch. Proben an unauffälligen Stellen am Instrument ohne irgendwelche Beschädigungen und eine super Reinigungskraft bestätigten aber letztendlich die Güte des Tuches und die tatsächliche Bestätigung durch mehrere Geigenbauer, die dieses Tuch für Restaurationen und Pflege von Instrumenten nutzen.

 

Die Reinigungsleistung war dabei imens. Bis bei den stark angegriffenen Lackstellen, konnte der natürliche Lackglanz nach dem Auspolieren mit Baumwollstoff / Pads auf dem Korpus wieder zum Vorschein gebracht werden.

 

Das Griffbrett wurde vorsichtig mit 00 Stahlwolle und Lemonoil gereinigt.

 

Die Stimmwirbel wurden nacheinander ( erst die beiden ohne Saiten) mit Alkohol gereinigt. Dann wurden sie mit Kernseife eingerieben und mit mehrfachen Hin - und Her drehen, in ihren Wirbellöchern, Diese geschmiert. Beim herausziehen, konnte man schön die Bahnen der Wirbellöcher an den Wirbeln sehen. Nun kam weiße Schulmalkreide zum Einsatz. Die Wirbel wurden damit ebenfalls eingerieben und wiederum in den Wirbellöchern mehrfach hin- und her gedreht. Dadurch sollte ein gutesgleiten beim Stimmen a,aber auch ein Festhalten der Saiten beim Stimmen,ohne Nachgeben erreicht werden. Auch da waren beim Heraus ziehen, die Wirbelbahnen gut zu sehen.

 

Es folgte das Aufziehen der noch leeren befindlichen A und E Saiten. Dabei ergab sich, daß die Prozedur mit der Kreide an den Wirbeln noch zwei mal wiederholt werden mußte, bis Alles passte und die Saiten fest blieben. Nicht vergessen die Kerben an Steg und Sattel vor dem Saiten aufziehen mit etwas Graphit ( Bleistift) zu schmieren.

 

 

 

 

 

 

Warum eigentlich nicht alle Saiten auf einmal wechseln?

 

 

 

Nun, daß der Steg nicht verrutscht und an der richtigen Stelle bleibt, sollte man immer jede Saite nacheinander Wechseln. Wichtig dabei ist, daß der Steg zum Saitenhalter hin immer im 90 Grad Winkel steht. Sonst kann es zum Reißen der Saiten, Beschädigung der Decke dadurch oder zum Bruch des Steges führen. Bitte sehr vorsichtig nachrichten, mit jeweils zwei Fingern von beiden Seiten, bis die 90 Grad Position erreicht ist!

 

Die G und D Saiten konnten problemlos neu aufgezogen und mittels Stimm - App gestimmt werden.

 

 

 

Der Auftrag wurde nach Kundenwunsch ausgeführt. Der Kunde war happy.

 

 

 

Hingewiesen wurde noch von mir darauf, einen der Wirbel später einmal ein wenig beim Geigenbauer nachschneiden zu lassen, da er nicht ganz perfekt in das Wirbelloch im Wirbelkasten passt. Dafür haben die Fachleute einen ( ca. 135 Euro teueren )Wirbelschneider, den ich für den einen Auftrag logischerweise nicht gekauft habe.

 

 

 

Wichtige Videos und Websites:

 

 

 

https://www.geigenbauonline.de/tipps-und-tricks-im-Geigenbau/geige-reinigen.html

 

 

 

https://www.geigenbauonline.de/tipps-und-tricks-im-Geigenbau/wirbel-einpassen.html

 

 

 

https://www.youtube.com/watch?v=8y0cCjiyJxs

 

 

 

 

 

Bilder im Anschluß